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Prestons grüne Oase – Avenham und Miller Parks

Wer in Preston vom Winckley Square rechter Hand wenige Meter weiter südlich spaziert, der trifft unverhofft auf eine grüne Oase. Ribblesdale Place, die Weiterführung von Winckley Square, knickt nach dem ersten Häuserblock nach links ab und in der Kurve liegt der Eingang zum Avenham Park. Hier ist denn auch gleich weniger Eile, dafür mehr Obacht erforderlich. Der Weg führt steil bergab und wer eben noch gemächlich schlenderte, sieht sich plötzlich unversehens in zackiger Gangart den Hügel hinunter traben.

Das Fahrrad aus dem Park schieben, ist wesentlich entspannter.

Hat man sich erst einmal an die Zugkraft gewöhnt, wird die Aufmerksamkeit durch den Blick auf eine opulente Parkanlage abgelenkt. Es lohnt sich stehen zu bleiben und diese doch sehr unerwartete Veränderung der Umgebung, voll zu erfassen. Was für ein Gegensatz zu dem – in weiten Teilen sonst eher ernüchternen – Anblick Prestons.

Parks Movements in der Viktorianischen Epoche

Avenham Park gilt zusammen mit dem gleich nebenan liegendem Miller Park als wunderbares Beispiel öffentlicher Parks aus dem viktorianischen Zeitalter. Südlich von Prestons Innenstadt gelegen, sind die beiden Parks in einem natürlichen Amphitheater angelegt, das sich bis zum Ufer des Flusses Ribble erstreckt.

Uferpromenade am Ribble mit der alten Eisenbahnbrücke, die Grenze zwischen den beiden Parks.

Viele Parks in Großbritannien entstanden in den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts. Mit diesem sogenannten „Parks Movement“ versuchten die Stadtväter den schlechten Lebensbedingungen zu begegnen, die in vielen Städten im Zuge der Industrialisierung entstanden sind. So ist in Preston die Einwohnerzahl von 12.000 im Jahr 1800 über 70.000 in 1850 auf 100.000 in 1900 angewachsen. Kreuz und quer entstanden Häuser rund um die Fabriken. Es gab keine Infrastruktur und die Gassen zwischen den Gebäuden füllten sich mit Dreck und wurden als offene Abwasserläufe genutzt.

Nicht ein, sondern zwei Parks entstanden

Auf der Suche nach offenen Flächen, die benötigt wurden, zur Entspannung und Freizeitgestaltung der Industie-Arbeiter, erwarb Preston Corporation 1843 das Gelände am Fluß. Um die Fläche des geplanten Parks zu erweitern, kaufte 1863 Thomas Miller, ein ortsansässiger Baumwollfabrikbesitzer, weiteres Land hinzu und überschrieb es der Preston Corporation. Da jedoch das Viadukt der East Lancashire Railway das Gelände unterbrach, entstand auf dem hinzu erworbenem Gelände ein eigenständiger Park.

Die Railway Bridge als westliche Begrenzung des Miller Parks.

Der Stadtrat beauftragte Edward Milner mit der Planung der Gestaltung beider Parks, mit dem Ziel diese Orte so natürlich und beschaulich wie möglich zu gestalten. In den kommenden Jahren entstanden die beiden Parks durch die Arbeitskraft vieler Fabrikarbeiter. Die Stadt konnte auf diese Weise Arbeitern, die durch die Lancashire Cotton Famine  arbeitslos wurden, übergangsweise Beschäftigung bieten. (Während des amerikanischen Bürgerkrieges wurde der Baumwoll-Export nach Europa unterbunden und führte zur sogenannten Lancashire Cotton Famine – Baumwollhungersnot – in Nordwest-England.) 1867 fand nach Fertigstellung der beiden Parks, die nun auch namentlich getrennt waren: Avenham Park und Miller Park, ihre Eröffnung statt.

Belevedere im Avenham Park in Preston.

Ab in den Avenham Park zum Eierrollen

Avenham Park ist mit seiner großen, offenen Rasenfläche und den Baumbeständen wie ein typische Park gestaltet. Am unteren Ende versorgt ein Café die Besucher mit Getränken und Kleinigkeiten zum Essen. Ein japanischer Garten sorgt für ein wenig Exotik. Die Rundung des natürlichen Amphitheaters im Avenham Park blieb gut sichtbar erhalten und wird für viele Veranstaltungen wie Konzerte und Sport-Events genutzt.

Traditionell findet am Ostermontag im Avenham Park das „Egg Rolling“ statt. Hierbei wird ein bemaltes, hart gekochtes Ei den Grashang herabgerollt bis es an einem Gegenstand zerschellt, um dann genußvoll gegessen werden kann. Diese Veranstaltung fand bereits 1882 statt in der Gegenwart von 20.000 eierrollenden Menschen. Eine ähnliche Anzahl fand sich auch noch in 1950er Jahren ein, wie folgendes Bild bezeugt. Reines Herabrollen des eigens mitgebrachten Ei`s findet heutzutage nur noch schwerlich Anhänger. Ein weites Rahmenprogramm lockt in diesen Jahren wieder mehr Besucher an und bewahrte diese Tradition davor lediglich eine Erinnerung an alte Tage zu werden. Na, zum Glück!

Egg Rolling am Ostermontag 1956

Miller Park und wie die Uhren zurückgedreht werden

Dieser Park ist formeller gestaltet als sein Nachbar. Mit angelegten Blumenbeeten, einem Rosengarten und erhabener Promenade, dem Derby Walk. Mittelpunkt bildet ein Springbrunnen mit vier Figuren, welche die vier Elemente Erde, Luft, Wasser und Feuer darstellen.

Ruhe und Entspannung am Springbrunnen im Miller Park.

Im Hintergrund ragt majestätisch das ehemalige Park Hotel hervor. Für viele Jahre bot dieses Haus eine Übernachtungsstätte für Reisende auf ihrem Weg zwischen London und Glasgow, denn zu Viktorianischen und Edwardianischen Zeiten galt es als ‘detrimental to health to travel the full distance in one journey’ (schädlich für die Gesundheit die gesamte Strecke in einem Stück zu bereisen). Es schloss 1950 seine Türen und die Stadtverwaltung übernahm die Räumlichkeiten. Im Zuge vieler städtebaulicher Verungleisungen in der 60er Jahren wurde auch vor dem Hotel nicht halt gemacht. Glücklicherweise ging die Behörde in diesem Fall nicht den extremen Weg, so wie leider leider vielerorts anderswo, und die Abrissbirne blieb fern. Dafür wurde – quasi Tür an Tür – ein hässlicher Betonklotz hochgezogen, wo weitere Kollegen der Stadtverwaltung ihr neues Büro bezogen.

Das war vor 50 Jahren. Mittlerweile ist die ist die Stadtverwaltung weiter gezogen und die beiden Gebäude standen einige Jahre leer. Aber es gibt gute Neuigkeiten. Die Uhr wird für den großartigen, rot geklinkerten Bau zurückgedreht. Nach einer Grundsanierung wird es seiner alten Berufung wieder zugeführt und als Hotel wieder eröffnet. Sein reizloser Nachbar wird stattdessen dem Boden gleichgemacht und an seiner Stelle wird ein Konferenzzentrum entstehen. Möge doch so manch anderem Gebäude ähnlicher Bauart ein gleiches Schicksal bestimmt sein.

An der Kriegsgedenkstätte wurden in diesem Jahr Gemüsebeete angelegt; in Erinnerung an die Hungersnot von 1917.

Grün, grüner und noch mehr Grün und ein Spaziergang

Die beiden Parks allein ergeben allerdings noch lange nicht das gesamte Parkgebiet südlich von Preston. Am Ufer des Ribbles führt eine Allee entlang, die nicht nur die beiden Parks miteinander verbindet, sondern darüber hinaus weiterführt zu den angrenzenden Grünflächen mit Spiel- und Sportplätzen in Richtung Frenchwood. Auf der anderen Seiten des Flusses liegt The Green Way Nature Reserve, ein großes Freigelände, dass über zwei Brücken zu erreichen ist, in dem Flora und Fauna frei und wild wachsend gedeihen. Nutzt man die Old Tram Bridge (nicht die alte Bahnbrücke, sondern die östlich gelegene Holzbrücke) so kann man der schnurgeraden, schattigen Allee bis nach Lostock Hall, einem südlichen Stadtteil Prestons, folgen. Oder man biegt irgendwann nach links ab, läuft ein wenig über die Wiesen und kraxelt den wegkreuzenden Bahndamm hoch. Hier schlägt man in Richtung Norden den Weg zurück ein und beendet in den beiden Parks seine Rundtour.

Die schattige Allee durch das Green Way Nature Reserve nach Lostock Hall.

 

Picknick am Ufer des Ribble.

Durch Instandhaltung zurück zur alten Pracht

In den letzten Jahren wurde mit Hilfe eines Heritage Lottery Bid Geld in die Hände genommen und beide Parks fanden unter großangelegten Renovierungen zu ihren alten Pracht zurück. Die beide Parks teilende East Lancashire Railway Bridge (oder Ivy Bridge wie sie aufgrund ihrer Efeuberankung gerne genannt wird) wurde in diesem Zuge ebenfalls saniert – der Zugverkehr wurde in den 1970er Jahren eingestellt – und kann heute als Fußweg genutzt werden. Seit ihrer Eröffnung haben sich die Parks kaum verändert und blieben auch ihrer Kernfunktion treu: sie bieten natürlichen Raum für die Freizeitgestaltung und Zerstreuung der Prestonianer.

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Japanese Garden im Avenham Park in Preston.

 

Lesezeit am Flussufer.

 

Blick vom Upper Walk auf Avenham Park mit dem Café im Hintergrund.

 

Unter der gewaltigen Railway Bridge.

 

Ein Angler hofft auf Fang aus dem Ribble – kurz sei es erwähnt: dies ist nicht außerhalb, sondern mitten in Preston.

 

Eine Patrouille zu Pferde im Miller Park.

 

Derby Monument: der 14. Earl von Derby war einst Mitglied des Parlaments für Preston und wurde später Premierminister.

 

Das War Memorial in Miller Park mit weiteren Gemüsebeeten.

 

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